Alle vier Professoren werden in den unterschiedlichsten Bereichen von QUEST daran forschen, Zeit und Raum mit einer nie da gewesenen Präzision zu messen, um unser Universum, seinen Ursprung und seine Entwicklung besser zu verstehen.
"Auf die ausgeschriebenen Professuren haben sich ausgesprochen hochkarätige Kandidaten aus aller Welt beworben - ein deutliches Zeichen für die Attraktivität von QUEST und die Forschungslandschaft in und um Hannover", so Prof. Dr. Wolfgang Ertmer, QUEST-Koordinator.
Manfred Lein, Domenico Giulini, Jakob Flury und Piet Schmidt ist gemeinsam, dass sie mit großem Enthusiasmus nach Hannover kommen. Sie schätzen die exzellenten Arbeitsbedingungen und das internationale Umfeld von QUEST. Darüber hinaus haben sie sich der Lehre verschrieben, welche bei QUEST eine ausgeprägte Rolle spielt.
Sie werden an einzelnen Atomen, Atominterferometern, atomaren Quantensensoren, Lasern und Atomuhren sowie der Astronomie mit Gravitationswellen oder der Erdbeobachtung und Geodäsie forschen. Durch die intensive Zusammenarbeit auf so unterschiedlichen Fachgebieten werden sie entscheidend zur Beantwortung grundlegender wissenschaftlicher Fragen beitragen. Die Forschungsregion Hannover ist also auf einem sehr guten Weg, um mit vergleichbaren internationalen Forschungszentren, wie dem US National Institute of Standards and Technology, dem Massachusetts Institute of Technology in Boston/USA oder dem Caltech in Pasadena/USA konkurrenzfähig zu werden.
Die neu berufenen Professoren:
Prof. Manfred Lein - Fachgebiet Theoretische Physik/Theoretische Quantenoptik
Manfred Lein wird im Exzellenzcluster QUEST erforschen, wie man die Bewegung von Elektronen in Atomen und Molekülen gezielt beeinflussen kann. Er liefert damit wichtige theoretische Ergebnisse - sowohl für die Grundlagenforschung als auch für die Entwicklung neuer Messtechnologien in QUEST.
Konkret wird Manfred Lein untersuchen, wie Moleküle und Atome auf kurze intensive Laserpulse reagieren und sich sich innerhalb der unvorstellbar kurzen Zeitdauer von Attosekunden genau verhalten. Ein wichtiger Bestandteil dieser Arbeiten ist die Anwendung und Lösung quantenmechanischer Gleichungen, die diese mikroskopische Dynamik beschreiben.
"Wegen der Vielzahl an neu angelaufenen Aktivitäten in QUEST - von der Quanten- bis zur Gravitationsphysik - herrscht hier eine spürbare und mitreißende Aufbruchstimmung", sagt Manfred Lein. "Die ungewöhnlich große fachliche Breite trägt ganz wesentlich zu einer stimulierenden Arbeitsatmosphäre bei. Außerdem sind die Forschungsbedingungen hier ausgezeichnet. Einerseits wegen der umfangreichen Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, andererseits wegen der erstklassigen Ausstattung, wie Hochleistungsrechner und umfangreiche Bibliotheken vor Ort."
Manfred Lein ist 36 Jahre alt. Er hat sein Studium der Diplom-Physik im Jahr 1998 an der Universität Würzburg abgeschlossen und erhielt 1996 den Titel Master of Science an der State University of New York. 2001 promovierte Lein mit dem Thema "Atoms and molecules in strong laser fields: Double Ionization, Dissociative Ionization, and Harmonic Generation". Er absolvierte anschließend PostDoc-Aufenthalte am Imperial College in London und am Max-Planck-Institut für Physik komplexer Systeme in Dresden. Von 2004 bis 2006 leitete er die Forschungsgruppe "Attosekundenphysik" am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg. 2006 wurde er als W2-Professor für Theoretische Physik an die Universität Kassel berufen.
Manfred Lein erhielt im Jahr 1998 den Röntgen-Preis (Universität Würzburg) und im Jahr 2006 den Wissenschaftspreis der Heidelberger Akademie der Wissenschaften für seine Arbeit zur Attosekundendynamik an Molekülen.
Prof. Domenico Giulini - Fachgebiet Quantengravitations-Phänomenologie
Domenico Giulini beschäftigt sich als Theoretiker innerhalb von QUEST mit Einsteins Theorie der Gravitation, der Allgemeinen Relativitätstheorie. Er wird insbesondere untersuchen, welche Phänomene der Gravitation - zum Beispiel die Krümmung des Raumes - sich mit den extrem genauen QUEST-Messtechnologien genauer erforschen lassen.
Die in QUEST entwickelten und noch zu entwickelnden Technologien beruhen auf der Quantennatur von Licht und Materie. Sie erlauben es beispielsweise, Längenunterschiede oder Zeiteinheiten mit nie da gewesener Präzision zu messen.
Mit seinen Forschungsarbeiten in QUEST könnte Giulini ganz wesentlich dazu beitragen, das Verhältnis zwischen Allgemeiner Relativitätstheorie und Quantentheorie aufzuklären und Grundlagen für eine gültige Theorie der Quantengravitation zu formulieren - dies gilt mit Recht als eine der größten Herausforderungen für die heutige theoretische Physik.
"Innerhalb des Exzellenzclusters QUEST sind auf ganz einzigartige Weise sich ergänzende Expertisen so miteinander verbunden und gebündelt, dass einige der wichtigsten fundamentalen Probleme der Physik in "einem Haus" diskutiert und angegangen werden können.", sagt Domenico Giulini. "Ich verspreche mir davon eine hoch motivierte und an wissenschaftlichen Zielen ausgerichtete Atmosphäre mit spürbarem Vorwärtsdrang, die der beste Garant für ein fruchtbares Arbeiten und neue Einsichten ist."
Domenico Giulini ist 49 Jahre alt. Er schloss im Juni 1985 sein Studium der Physik und Mathematik an den Universitäten von Freiburg und Cambridge mit Auszeichnung ab und promovierte im November 1989 unter Dr. Gary Gibbons in Cambridge zum Thema
"3-Manifolds in Canonical Quantum Gravity". Es folgten eine C1-Stelle am Lehrstuhl Pohlmeyer in Freiburg (1990-1997), Forschungsstipendien am Lehrstuhl Straumann an der Universität Zürich (1997-2000) und am Lehrstuhl Römer in Freiburg (2001-2004) sowie eine Professur dort (2004-2007). Seit Mai 2007 arbeitete Giulini am Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam, in den Arbeitsgruppen von Prof. Nicolai und Prof. Huisken. Giulini war Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes, erhielt mehrere Preise in Cambridge, hat sich 1996 an der Universität Freiburg habilitiert und vertrat ein Semester lang den Lehrstuhl von Prof. Hollik an der Universität Karlsruhe.
Prof. Jakob Flury - Fachgebiet Präzisionsgeodäsie
Geodäsie ist die Vermessung der Erdoberfläche, des Schwerefeldes der Erde und der Erdrotation. Jakob Flury steht sich innerhalb von QUEST für den Bereich der Präzisionsgeodäsie. Sie ermöglicht es, das dynamische System Erde und seine Veränderungen global und sehr genau beobachten zu können. Dazu gehören selbst kleinste Bewegungen der Erdoberfläche durch die Tektonik der Kontinentalplatten, Massenänderungen in denn polaren Eiskappen oder in den Zirkulationsströmen der Ozeane.
Mit seiner Forschungsgruppe wird Jakob Flury Beobachtungszeitreihen geodätischer Satellitenmissionen, wie der Zwillingssatelliten GRACE, genau untersuchen, um die im Orbit auf die Satelliten wirkenden Kräfte sehr detailliert bestimmen und modellieren zu können. Außerdem geht es darum, die an Bord solcher "fliegenden Präzisions-Messlaboratorien" herrschenden Messbedingungen und Einflüsse genau zu verstehen. Flury schafft damit wichtige Voraussetzungen für die Entwicklung zukünftiger geodätischer Satelliten.
"QUEST verbindet den an der Leibniz Universität Hannover traditionell starken Forschungsbereich Geodäsie und Geoinformation mit fortschrittlichster physikalischer Wissenschaft. Die weltweit führende Expertise von QUEST in der Lasertechnologie und Atominterferometrie wird die Messgenaugkeit geodätischer Sensoren und Messverfahren weiter steigern", antwortet Jakob Flury auf die Frage, warum er den Arbeitsplatz bei QUEST als einzigartig empfindet.
Jakob Flury hat Geodäsie studiert und zur Schwerefeldmodellierung im Gebirge promoviert. Anschließend beschäftigte er sich intensiv mit den Schwerefeldsatellitenmissionen GOCE und GRACE und kümmerte sich dabei speziell um deren Fehlermodellierung. Flury leitete innerhalb der ESA-Weltraum-Mission GOCE das Projektbüro Deutschland, bevor er im Rahmen von Forschungsstipendien zu dezidierten Sensoruntersuchungen der Satellitenmission GRACE zum Principal Investigator der Mission an das Center for Space Research nach Texas ging.
Prof. Piet Schmidt - Fachgebiet Experimentelle Quantenmetrologie
Das Fachgebiet - und man kann sagen: auch die Leidenschaft - von Piet Schmidt ist die Präzisionsspektroskopie von Atomen und Molekülen. Unter dem Begriff Spektroskopie werden Beobachtungsverfahren zusammengefasst, bei denen die Wechselwirkung von Licht unterschiedlicher Farbe mit Materie untersucht wird.
Mit derartigen Technologien soll bei QUEST nicht nur die genaueste Uhr der Welt entwickelt, sondern auch eine der fundamentale Fragen der Physik beantwortet werden: ändern sich Naturkonstanten mit der Zeit?
Besonders spannend an den geplanten Projekten ist der Einsatz von Techniken wie sie für den Bau von Quantencomputern entwickelt wurden. Sie ermöglichen es, bisher unerreichbare Atomsorten mit speziellen Eigenschaften zu untersuchen. Solche Atomsorten werden beispielsweise benötigt, um hochgenaue optische Uhren bauen zu können.
"Persönlich bedeutet die Professur für mich eine spannende und herausfordernde Aufgabe in einem ausgezeichneten Umfeld", freut sich Piet Schmidt. "QUEST bietet mir ein weltweit einzigartiges Umfeld für meine Forschungsarbeiten. Durch die Konzentration von Expertise und von Projekten zur Entwicklung von Quantententechnologie und zur Erforschung von Raum und Zeit bei QUEST können technologische und wissenschaftliche Herausforderungen schnell gemeistert werden", sagt Schmidt weiter. "Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die gegenseitige Stimulierung der thematisch verwandten, aber in ihrer Ausprägung komplementären Projekte"
Piet Schmidt ist 38 Jahre alt. Er studierte Physik an der Portland State University (Abschluss 1995 als Master of Science) und an der Universität Konstanz (Abschluss 1998 als Diplom-Physiker). Seine Promotion schloss er im März 2003 zum Thema "Scattering properties of ultra-cold chromium atoms" unter Betreuung von Prof. Tilman Pfau an der Universität Stuttgart ab. Nach seiner Promotion absolvierte er einen Post-Doktoranden-Aufenthalt bis Februar 2005 am National Institute of Standards and Technology in Boulder, Colorado (USA), in der Gruppe von James C. Berquist und Dave Wineland. Anschließend wechselte er als Assistent in die Arbeitsgruppe von Prof. Rainer Blatt an die Universität Innsbruck, wo er bis zu seiner Berufung auf dem Themengebiet "Cavity-QED mit gefangenen Ionen" tätig war. Schmidt war Feodor-Lynen Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung und erhielt 2006 der START-Preis des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur in Österreich.
QUEST Hintergrundinformationen
Im Oktober 2007, wurde der Hannoveraner Exzellenzcluster QUEST (Centre for Quantum Engineering and Space-Time-Research) im Rahmen der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern bewilligt. QUEST bringt sechs Institute der Leibniz Universität Hannover mit fünf weiteren Forschungszentren aus Niedersachsen zusammen, um erstklassige Forschung am Quantenlimit zu betreiben. In den vier Bereichen Quanten Engineering, Quantensensoren, Raum-Zeit-Forschung und Neuartige Technologien werden zunächst bis 2012 rund 250 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Verfeinerung heute schon verfügbarer und zukünftiger Quantentechnologien arbeiten.
Damit sollen beispielsweise ganz grundlegende Fragen der Physik - unter anderem nach der Struktur und den grundlegenden Kräften unseres Universums - beantwortet werden. Die Forscher arbeiten aber auch anwendungsorientiert und suchen nach neuen Möglichkeiten, Satellitennavigationssysteme der nächsten Generation oder Erdbeobachtungssysteme zu entwickeln. In den Reihen der QUEST Wissenschaftler wurden beispielsweise die modernsten Laser der Welt entwickelt. Ausgestattet mit 6,5 Millionen Euro pro Jahr, bietet QUEST den beteiligten Wissenschaftlern herausragende Rahmenbedingungen für eine kreative und innovative Forschungsarbeit.
Zu den ursprünglich fast 200 an QUEST beteiligten Wissenschaftlern, darunter 20 Professoren, 12 Nachwuchsgruppenleitern, 30 Post-docs und 130 Doktoranden, sind bisher 42 neue Mitarbeiter hinzugekommen (darunter fünf Professoren). Für 2009 sind nochmals fünf Professuren und Positionen als Nachwuchsgruppenleiter sowie mehrere Doktorandenstellen zu besetzen.
Insgesamt wurden an der Leibniz Universität Hannover und bei ihren Partnern durch QUEST in den vergangenen zwölf Monaten 8 neue Professuren, 6 neue Juniorprofessuren und mehr als 24 Nachwuchsforschergruppen und Forschergruppen eingerichtet.
An QUEST beteiligte wissenschaftliche Einrichtungen:
- Leibniz Universität Hannover
- Institut für Quantenoptik (IQ)
- Institut für Gravitationsphysik (IGP)
- Institut für Theoretische Physik (ITP)
- Institut für Festkörperphysik (IFKP)
- Institut für Erdmessung (IFE)
- Institut für Angewandte Mathematik (IFAM)
- Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut/AEI), Hannover
- Laser Zentrum Hannover e.V. (LZH), Hannover
- Gravitationswellendetektor GEO600, Ruthe
- Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB), Braunschweig
- Zentrum für Raumfahrt und Mikrogravitation (ZARM), Bremen